Eingeschneit in Montana – was für ein Traum!

Eigentlich war für heute massig Regen angesagt. Und ich hab mich sogar darauf gefreut, denn so konnte ich einfach ausschlafen, drinnen rumgammeln, meine Luxus-Box und den Ausblick nach draussen geniessen. Doch dann begann es zu schneien und es wurde immer kälter. Ich hab zwar die Heizung aufgedreht, aber die konnte bald nicht mehr mithalten. Ok, egal, ich zieh mir halt einfach ein paar Schichten mehr an.

Ich genoss das Szenario vor meinem Fenster richtiggehend. Hatte ich nicht von sowas geträumt? Und nun wurde das tatsächlich Wirklichkeit und auch noch mitten im Mai, was sogar für Montana komplett ungewöhnlich ist. Ich schaute mir also einen Film nach dem anderen im TV an, während meine Blicke immer wieder nach draussen schweiften, wo es weisser und weisser wurde.

Dann fiel das Internet aus… also kein TV mehr… egal, ich kann immer noch lesen und an meinen Artikeln herumschreiben. Bloss posten kann ich  nichts mehr. Also hab ich fleissig Fotos bearbeitet bis die Batterie meines Tablets den Geist aufgab.

Und dann verstummte plötzlich die Heizung, und der Kühlschrank machte auch keinen Mucks mehr. Stromausfall? Ich hebelte an einem Lichtschalter herum. Nichts…. Tja also jetzt wird’s richtig lustig. Ich hatte ja einen kleinen Kamin und genügend Holz irgendwo neben der Hütte, also würde ich schon einheizen können, wenn’s denn nötig werden würde.

Ich hab mir dann die doch ziemlich vielfältige Bibliothek meines Gastgebers Ty genauer angesehen. Da fand sich doch einiges, womit ich mir die Zeit vertreiben konnte. Und dann schoss mir durch den Kopf, dass ich ja abends auch kein Licht mehr haben würde zum Lesen. Also machte ich mich auf die Suche nach Kerzen. Und Ty hatte auch da vorgesorgt. Ich fand zwei grosse dicke rote Kerzen und einen ganzen Sack voll Teelichter. Nun stand einem romantischen Abend bei Kerzenlicht und wärmendem Kaminfeuer nichts mehr im Wege. Selig vor mich hinträumend legte ich mich aufs Sofa und überlegte kurz, wie entspannend es doch war, von allem und jedem abgeschnitten zu sein. Prompt schlief ich ein.

Dann erschrak ich aber doch gewaltig, als es ans Fenster klopfte. Erst sah ich nur Blue, Tys Hund, und dann kam auch schon Ty selbst und sein Besuch aus LA um die Ecke. Er könne mich nicht erreichen und Strom gäbe es auch keinen mehr, ob es mir gut gehe. Ja klar, ich hab noch keine Probleme. Wenn es zu kalt wird, könne er einheizen. Aber normalerweise hält so ein Stromausfall  nicht lange an.

Schneit es denn normalerweise im Mai? fragte ich ihn… Ehem nein… Auch egal,  im Moment hätte ich noch warm genug, meinte ich, und später könnte ich mir dann schon ein Feuerchen machen.

Ok, dann schaue er später nochmal nach mir.

Lieb, oder?

2 Stunden später, das Licht schwand langsam und kühler wurde es auch, erschien Ty wieder mit einem grossen Bündel Holz unterm Arm und brachte im Kamin ein herrliches Feuer in Gang.

Während er sich auf die langsam grösser werdenden Flammen konzentrierte plauderte er locker drauflos, was mit mir ja nicht so einfach ist, da Small Talk so gar nicht mein Ding ist, und ich lieber den Schnabel halte, als irgendwelche Belanglosigkeiten loszuwerden, erst recht in einer fremden Sprache. Aber Ty ist der perfekte Gastgeber. Er macht es einem leicht, sich in seiner Gegenwart sicher und wohl zu fühlen.

Als das Feuer lichterloh brannte und es für ihn nichts mehr zu tun gab, schien es fast so, als wolle er noch nicht gehen. Jedenfalls meinte er noch, bevor er ging: Du bist jederzeit herzlich willkommen bei uns anzuklopfen, wenn Du etwas brauchst, oder wenn Du Lust auf ein Bier hast, komm auch einfach rüber und wir können gerne etwas tratschen….

Es klang echt und ehrlich, nicht bloss so dahin gesagt. Ich bin wirklich beeindruckt von Tys Gastgeberqualitäten. Höchstwahrscheinlich hatte er doch ein schlechtes Gewissen, da für den nicht gerade geringen und bereits bezahlten Mietpreis nicht alles perfekt lief. Er konnte ja nicht wissen, das mir diese ganzen „widrigen“ Umstände einen Riesenspass bereiteten. Ich bin ja hierher gekommen, um endlich für eine Weile das Alleinsein geniessen zu dürfen. Ich wollte keine Gesellschaft. Ich fühlte mich nicht einsam, sondern glücklich und zufrieden.

Ich wunderte mich selbst etwas, dass mir das Abgeschnittensein von jeglichen modernen Annehmlichkeiten und Unterhaltungsmöglichkeiten so gar keine Mühe bereitete. Im Gegenteil, endlich konnte ich einfach „nur“ SEIN.

In dieser Nacht habe ich sehr gut und tief geschlafen, allerdings nur bis um 05.30. Das Feuer im Kamin war ausgegangen, und auch unter der dicken Bettdecke war es empfindlich kalt geworden. Also bin ich schnell ins Wohnzimmer und hab wieder Feuer gemacht. Rasch wurde es warm und kuschelig in meiner Prärie-Box, und ich bin wieder zurück ins Bett gekrochen, um noch ein paar weitere Stunden Schlaf zu bekommen.

2 1/2 Stunden später, ich wollte gerade neues Holz auf die noch vorhandene Glut legen, stolperte Ty schon wieder ins Wohnzimmer. Jetzt wurde es mir langsam zuviel. Ich kann selber auf mich aufpassen, und ich möchte nicht im Pyjama und komplett vom Schlaf zerdrückt,  ungewaschen und verwuschelt von fremden Männern überrascht werden. Ty war aber so lieb und aufgestellt und eifrig darauf bedacht, mir den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich zu machen, dass ich ihm einfach nicht böse sein konnte. Er war ganz erstaunt, wie warm es hier drin war, und dass da noch Glut im Kamin war. Good to know… meinte er. Bei ihm in der Hütte sei alles eiskalt gewesen heute morgen. Ich musste ihm ja nicht sagen, dass ich bereits um 05.30 wieder Feuer gemacht hatte…

Strom gab’s immer noch keinen und so kam Ty kurze Zeit später wieder zur Tür rein und stellte mir ein paar Gallonen Wasser hin. Denn auch das Wasser hing hier am Strom und so gab’s kein fliessend Wasser mehr, auch kein kaltes, und die Klospülung funktionierte ohne Wasser natürlich auch nicht. Aber jetzt hatte ich ja wieder genug davon, und konnte somit noch ein paar Stunden länger abgeschnitten von den modernen Annehmlichkeiten überleben. Das einzige worum ich mir Sorgen machte, war der Inhalt des Kühlschranks und des Tiefkühlers.  Das wollte ich nicht alles in den Müll werfen. Und kochen konnte ich ja auch nichts, ausser ich hielt das Zeug ins Feuer im Kamin. Sollte der Stromausfall tatsächlich noch viel länger anhalten, würde ich mir aber etwas einfallen lassen müssen. Ty meinte, er würde mir auf jeden Fall meine Ausgaben für die verlorenen Lebensmittel erstatten. Aber ich winkte ab. Ich würde einfach den gesamten Kühlschrank ausräumen und alles in den angebauten Schuppen stellen, wo er einen grossen Abfalleimer und verschiedenes Werkzeug untergebracht hatte. Dort war es kalt und die Lebensmittel würden dort frisch bleiben. Sofort meinte er, seine Sachen dort wegräumen zu können. Aber auch das war nicht nötig. Ich hatte auch so genug Platz für meinen Kram.

Ty kam dann am Mittag nochmal und brachte noch mehr Wasser mit. Ich glaube, ich muss ziemlich genervt gewirkt haben, denn er meinte, ob ich ihm eine Telefonnummer hätte, damit er mir Textnachrichten schicken könne, um nach meinem Befinden zu fragen. Er wolle nicht ständig meine Privatsphäre stören. Tja, aber mein Telefon funktioniert nur draussen auf dem Deck. Also würde er mich eh nicht erreichen können. Jedenfalls verabschiedete er sich dann für ein paar Stunden, da er zum Flughafen müsse. Wenn irgendetwas wäre, könne ich ruhig seine Familie im Nachbarhaus um Hilfe bitten.  Ich wurde hier wirklich umsorgt und betreut wie noch nie irgendwo zuvor. Vielleicht sollte ich das mehr geniessen als mich darüber ärgern.

Trotz der herrlichen Aussicht nach draussen, und der wohligen Wärme hier drinnen, begann mich die Situation langsam zu nerven. Ich wollte endlich wieder etwas Warmes zwischen die Zähne bekommen. Ich hatte zwar noch genug Obst und auch Gemüse, das sich zu Salat verarbeiten liess. Aber ich sehnte mich nach was Warmem im Magen. Ich könnte es Ty und seinem Freund gleich tun, und nach Livingston fahren, um dort was essen zu gehen, aber dazu war ich irgendwie zu träge.

Als der Schnee dann am Nachmittag wieder verschwunden war und ich immer noch vergeblich auf Strom wartete, beschloss ich, nach einer kurzen Katzenwäsche ein wenig spazieren zu gehen. Ich genoss die frische Luft und die trotz des eisigen Windes schon wieder wärmenden Sonnenstrahlen.

Als ich wieder zurückkam zu meiner Prärie-Box, war da aber immer noch kein Strom und ich machte mir eben wieder einen Salat zum Abendessen, legte noch einige Holzscheite in den Kamin und klemmte mich hinter ein Buch aus Ty’s Sammlung. Um ca. 19.30 Uhr erschreckte mich der anspringende Kühlschrank und das piepende Heizsystem. Halleluja!!! Ich war wieder zurück in der Zivilisation. Und Ty tauchte auch nicht mehr auf. Ich hatte meine Traumwelt wieder für mich alleine.

Trotzdem möchte ich an dieser Stelle Ty ganz herzlich für seine Fürsorge danken. Er ist ein super Gastgeber, und ich kann seine Little Box on the Prairie nur wärmstens weiterempfehlen.

Hier geht’s weiter…

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Versuch es nochmals mit der Hoffnung das es diesmal klappt! Es wird immer spannender bei Dir in der Prärie ?

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