First Peoples Buffalo Jump State Park – Ein Ausflug in die Vergangenheit

Mein schlechtes Gewissen hat mich wiedermal aus meinem kleinen Paradies hinausgetrieben und ca. 3 Autostunden in Richtung Norden geschickt. Mein heutiges Ziel war der First Peoples Buffalo Jump State Park in der Nähe von Great Falls. So ähnliche Stätten gibt’s überall in den Plains, wo die Ureinwohner Amerikas durch die Jagd der Büffel das Überleben ihres Volkes sicherten. Schon auf meiner ersten Reise durch die Great Plains bin ich an solchen Stellen vorbeigekommen, hatte aber keine Zeit, diese näher zu erkunden. Nun, heute würde ich den ganzen Tag damit verbringen können, der Vergangenheit der Plains Indianer nachzuspüren.

Ich fuhr also der US-89 entlang nach Norden und genoss die an mir vorbeiziehende Landschaft. Erst ging es durch die unendlichen Weiten der Prärie und dann fuhr ich durch einen Teil des Lewis and Clark National Forest.

Hier veränderte sich die Landschaft komplett. Die Strasse wand sich in engen Kurven zwischen den  dicht bewaldeten Hügeln hindurch und ich begann mich schon wieder zurück zu meiner Prärie-Box zu sehnen.

Nach etwa einer Stunde Fahrt und zwei toten Rehen am Strassenrand, war’s dann endlich geschafft und der Wald öffnete sich wieder auf eine weite, offene Ebene, in die ich tief aufatmend hineinfuhr. Den Buffalo Jump konnte ich schon von weitem sehen und so fuhr ich gleich hinauf auf die Upper Visitor Area oben auf dem Felsvorsprung.

Begeistert entdeckte ich überall umherwuselnde Präriehunde, die aufgeregt Warnpfiffe von sich gaben und sofort in ihren Löchern verschwanden, sobald ich anhielt um Fotos zu machen. Biester! Ich krieg Euch schon noch…

Ich parkte also mein Auto und machte mich auf den Weg, das Plateau zu erkunden. Es war herrlich warm, und ich konnte es kaum erwarten, mich in den Weiten dieser beeindruckenden Landschaft zu verlieren.

Ist dieser Anblick nicht einfach umwerfend? Ich muss ja nicht sagen, dass es hier von Moskitos nur so wimmelt und dass die Blutsauger sich völlig ausgehungert gleich über mich her gemacht haben, sobald ich aus dem Auto ausgestiegen war. Da ich nicht an Anti-Mücken-Mittel gedacht hatte, beschloss ich, diese bissigen Viecher einfach zu ignorieren und zog los an den Rand der Klippe, wo vor hunderten von Jahren unzählige Büffel in die ewigen Jagdgründe hinabstürzten.

Dann raubte mir ein junger Amerikaner mit seinen drei kleinen Kindern meinen Frieden und meine Unbekümmertheit. Er quatschte mich an mit der Frage: bist Du daran interessiert Fotos von Wildlife zu machen, (ich war eben dabei einen Hasen zu fotografieren) und erschreckte mich dann indem er mir erzählte, dass er mindestens 5 Klapperschlangen auf dem Weg hierher gesehen hätte. Und sie seien heute äusserst aggressiv. Die Kinder erzählten auch alle wild durcheinander, wie sehr sie Klapperschlangen hassten, und dass die ja so gemein seien und so weiter und so fort… Und dann zeigte der Papa mir noch genussvoll jede Stelle, wo er auf die Biester gestossen war mit der Bemerkung, da werden Dir gute Aufnahmen gelingen.  Ja toll, der Hase war mittlerweile davon gehoppelt und mir war die Lust auf jegliche weitere Motivjagd  vollkommen vergangen. Klapperschlangen! Ja klar, ich wusste ja, dass die hier ihr Unwesen treiben, es waren schliesslich überall Warnschilder aufgestellt. Aber musste der mir jetzt wirklich sagen, dass die sich auf dem Trail wohlig in der Sonne aalten und die unbedarften Touristen auch noch giftig anmachten, wenn diese sich ebenfalls zur Benutzung dieses Pfads entschieden hatten? Meine Knie zitterten und ich wollte keinen Schritt mehr gehen, weder vorwärts noch zurück. Dann gab ich mir einen Ruck! Das kann doch nicht sein. Ich fahr nicht 3 Stunden hier herauf und dann schaff ich es nicht, meine Angst vor Schlangen in den Griff zu bekommen. Fest aufstampfend trampelte ich Schritt für Schritt dem Weg in Richtung Visitor Center entlang. Mein Herz schlug bis zum Hals und ich hätte grosse Lust gehabt, hier jetzt einfach auf Stop und dann auf Schnellvorlauf oder „Szene überspringen“ zu drücken. Vorsichtig setzte ich einen Fuss vor den anderen, immer darauf bedacht nicht irgendwo hinzutreten, wo ich nicht auch hinsehen konnte. Aber die ersten 200 m waren die reinste Kletterpartie zwischen Felsen und undurchsichtigem Gestrüpp hindurch. Erst als ich immer wieder auf Häschen stiess, die sich im Gebüsch und in Felsspalten versteckten, beruhigte ich mich etwas. Wenn die Bunnies sich da aufhielten, war da bestimmt keine Klapperschlange auch mit dabei. Sonst wären die ja schon längst gefressen, oder?

Ich versuchte meine Gedanken also in eine andere Richtung zu lenken, die fantastische Landschaft zu geniessen und der dem Ort eigenen Energie nachzuspüren. Genau hier hat sich vor hunderten von Jahren ein immer wiederkehrendes Drama von Leben und Tod abgespielt. Irgendwie schien die Magie von damals noch in der Luft zu hängen, denn ich wollte hier trotz der lauernden Klapperschlangen nicht weg.

Auf halber Strecke zum Besucherzentrum runter hatte ich dann aber endgültig genug von meinem Abenteuer, als sich da vielleicht 30cm vor meinem zum nächsten Schritt ausholenden Fuss eine grünlich-braune Schlange geräuschlos entrollte und blitzschnell davon machte. Ich schrie vor Schreck auf und blieb wie angewurzelt stehen. Werd jetzt bloss nicht hysterisch, sagte ich mir und kletterte dann doch ziemlich gehetzt den Abhang wieder hinauf. Oben setzte ich mich auf eine Bank auf dem geteerten Teil des Trails. Hier war alles schön übersichtlich, weit und offen, hier konnte ich wieder runterkommen von meinem Horrortrip.


Von hier aus versuchte ich dann auch noch ein paar der flinken Präriehunde zu erwischen, bevor ich mich wieder in meinen Ford Edge packte und zum Visitor Center hinunterfuhr.

Dort gab’s eine interessante Ausstellung über das Leben der früheren Ureinwohner und einen Schotterweg, der hinauf führte zum Plateau. Ich ging da nur ein Stück entlang, solang der Weg übersichtlich blieb. Ins Gestrüpp und hohe Gras wagte ich mich nicht mehr.

Hier hatten sich also verschiedene Indianerstämme zu einem „Buffalo Jump“ versammelt. Die mutigsten unter ihnen jagten die Bisonherde hinauf auf das Plateau und liessen sie dort über die Felsen in den Tod stürzen. Was darauf folgte, war ein Tage währendes rauschendes Fest. Es wurde gegessen bis zum Umfallen, und was nicht verzehrt werden konnte, wurde auf verschiedene Arten haltbar gemacht. Auch die dicken Felle und die Knochen und Sehnen wurden weiterverarbeitet. Nichts blieb übrig, alles wurde genutzt. Die Indianer, welche damals vom Bison lebten, meinten nur gegessen zu haben, wenn sie Büffelfleisch gegessen hatten. Sie assen zwar auch anderes, wie Fisch, Beeren, Wurzeln etc… aber nur Büffelfleisch schien sie sättigen zu können. Dementsprechend dramatisch war für sie dann auch der Untergang der riesigen Millionen von Tieren umfassenden Büffelherden durch den weissen Mann, bedeutete dieser doch ebenfalls ihren eigenen Untergang und den ihrer Kultur.

Ein bisschen wehmütig machte ich mich wieder auf den langen Heimweg. Hier war nichts mehr übrig vom damaligen Leben und dieser einmaligen Kultur. Nicht mal das Präriegras, war mehr dasselbe, wie es damals hier wuchs. Mittlerweile hatten Farmer hier gesäht, was sie ernten wollten. Und auch die Wiederbepflanzung mit den ursprünglich hier vorkommenden Gräsern, konnte die alte in Jahrtausenden gewachsene und in wenigen Jahren zerstörte Vielfalt und deren Gleichgewicht nicht wieder herstellen.

Trotzdem ist die Prärie für mich immer noch der Inbegriff des Paradieses, und ich freute mich auf der gesamten Heimfahrt auf meine Prärie-Box und darauf, mich noch etwas in den sanften Hügeln drum herum zu verlaufen, als mich schon wieder lästige Gedanken an Klapperschlangen befielen.  Ich musste unbedingt meinen Gastgeber Ty fragen, ob es hier auch Klapperschlangen gab. Natürlich gab es die hier… wie konnte ich nur so naiv sein, und deren Existenz in ihrem eigenen natürlichen Umfeld ignorieren. Oje… Mein Paradies hat einen Kratzer bekommen…

Als ich Zuhause ankam, spielte mir das Wetter angenehmerweise wieder in die Hände, indem es einen ziemlich bedrohlich wirkenden Himmel über mir zusammenziehen liess. So blieb ich für heute lediglich auf meinem Haushügel und machte mir keine weiteren Gedanken über eventuell lauernde Klapperschlangen.

Hier geht’s weiter…

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