
Nachdem ich mich die letzten zwei Tage nicht von der Stelle rühren wollte, weil es hier einfach wunderschön ist und ich gar nichts anderes mehr sehen wollte, plagte mich dann aber doch etwas das schlechte Gewissen. Also löste ich ein weiteres meiner Versprechen ein und besuchte Brutus. Gleich nachdem ich mein Traumhäuschen mitten in der nordamerikanischen Pampa gebucht hatte, habe ich auf Animal Planet eine Sendung über spezielle Tierfreundschaften gesehen. Unter anderem ging es darin um Casey Anderson, einem jungen amerikanischen Naturforscher, und Brutus, dem Grizzlybären. Was ich da zu sehen bekam, hat mich so fasziniert, dass ich sofort versuchte herauszufinden, wo genau Brutus zuhause ist. Ich stellte erstaunt und begeistert fest, dass Brutus in Bozeman (45 Autominuten von meiner Prärie-Box entfernt) zu finden ist. Tja also da musste ich auch hin, und da war ich nun heute.
Ich gondelte wieder gemütlich durch die traumhaft schöne Landschaft und fand auf Anhieb das schon von weitem ausgeschilderte Bear Sanctuary. Ich bezahlte bei einem vielleicht 10 Jahre alten Burschen die 7.— USD Eintritt und betrat dann gespannt und neugierig die doch etwas kleine Anlage. Ich war im Moment die einzige Besucherin und so hat sich das Mädchen, welches offensichtlich als „Guide“ abgestellt worden war, gleich auf mich gestürzt und ihr ganzes einstudiertes Wissen über die beiden im Moment zu sehenden Braunbären Jake und Maggie heruntergeleiert. Da das aber alles wie vom Tonband klang, fühlte ich mich ihr nicht sonderlich verpflichtet und wendete mich den beiden Grizzlies zu, während ich ihr Geplapper nur noch nebenbei wahrnahm. Trotzdem waren ihre Informationen doch sehr interessant und lehrreich. Jake und Maggie waren beide 11 Jahre alt und schon als beinahe erwachsene Bären in dieses Sanctuary gekommen. Maggie verträgt sich mit keinem anderen Bären, ausser mit Jake, und so können nur diese beiden miteinander ins Aussengehege gelassen werden. In einem anderen Teil des Geländes, welches für Besucher nicht einsehbar ist, leben noch 3 weitere Bären. Sheena (31), Bella das Baby (3) und natürlich Brutus (15). Sobald Jake und Maggie wieder in ihre „Privatgemächer“ durften, würden die anderen 3 Bären ihren Auftritt haben, so sie denn wollten. Nun musste ich ja unbedingt den TV-Star Brutus kennenlernen, und so wartete ich volle 2 Stunden bis zum Schichtwechsel. In der Zwischenzeit hatte ich alle Informationen mitgekommen, die das Lautsprecher-Girl zu verkünden hatte, da sie ihre Leier nun bereits zum 5. Mal von neuem anstimmte. Eigentlich ganz praktisch, denn so hatte ich jetzt wirklich jeden zuvor wegen eventueller Sprachprobleme nicht verstandenen Satz dank etlicher Wiederholungen doch vollständig mitbekommen. Ich weiss also nun über Bären Bescheid, zumindest in der Theorie. Ich weiss auch, wie ich mich verhalten sollte bei einer Bär-Begegnung in freier Wildbahn, auch dass mein Verhalten bei einem Schwarzbären nicht dasselbe sein sollte wie bei einem Braunbären. Tja also, der Bär kann kommen. Oder vielleicht doch lieber nicht. Denn sollte ich tatsächlich einem Bären draussen in der freien Natur begegnen, hätte mich der Bär wahrscheinlich schon gefressen, bevor ich auch nur erkannt hätte, ob da nun ein Braun- oder ein Schwarzbär vor mir steht.
Ich wollte mich jetzt aber keinerlei solcher unangenehmer Gedanken hingeben sondern lediglich den gefahrlosen Anblick dieser doch so kuschelig aussehenden Teddies geniessen.
Darf ich vorstellen? Das hier ist Jake, ein Faultier sondergleichen. Seine einzigen Bewegungen bestanden ausnahmslos darin seine überdimensionalen Speckrollen in immer wieder neue bequeme Positionen zu befördern.
Dabei hatte er nur ein müdes Lächeln für die um einiges quirligere Maggie übrig.
Maggie wusste übrigens genau, wann Zeit für den Rückzug war, und machte schon eine halbe Stunde vorher Andeutungen, dass es doch jetzt gut sei.
Nachdem Jake und Maggie ihre wohlverdiente Pause antreten durften und die Mitarbeiter überall auf dem Aussengelände verschiedene Bärenleckerlis versteckt hatten, wurden die anderen Bären auf uns losgelassen. Sheena wollte sich nicht zeigen, aber Brutus und vor allem Bella kamen plötzlich aus dem Nichts herausgestürmt. Wow! Bella war mit ihren 3 Jahren noch ein Baby und vollkommen verspielt und rüpelhaft, während Brutus ganz Herr der Lage besonnenen Schrittes in die Anlage trottete und gleich klarstellte, wer hier der Boss war. Dazu brauchte er keine grossen Gesten. Allein sein stattliches Volumen und seine gemessen wirkenden Bewegungen liessen alle zuvor lauten Stimmen verstummen. Dabei war der Herr gar nicht viel grösser als der Baby-Bär, nur um einiges fetter. Und was lernt man daraus? Auf das Volumen kommt es an, nicht auf die Grösse… werd ich mir doch gerne merken.
So also das ist nun Brutus der Bär in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit:
Bella das Riesenbaby kümmerte sich aber nicht im Geringsten um den gesetzten Herrn und tobte wild und ausgelassen durch die Anlage. Sie rannte von einem Leckerli-Versteck zum anderen und frass Brutus schnell alles weg. Als nichts mehr übrig war, posierte sie für die ratternden Kameras der Zuschauer gekonnt wie ein geübtes Model.
Dann wurde ihr auch schon wieder langweilig und sie suchte sich was anderes zur Unterhaltung. Wie wär’s mit Wasserball?
Ich hätte Bella ewig zuschauen können, wie sie sich hemmungslos vergnügte und ihre Baby-Energie an allem ausliess, was ihr in die Quere kam. Auch Brutus musste kurz dran glauben, sprach aber dann ein Machtwort, worauf Bella wieder Ruhe gab.
Obwohl die ganze Anlage doch recht klein ist, hatte ich das Gefühl, dass die Bären zufrieden und ausgeglichen sind. Und wenn man bedenkt, dass es sich hier um Bären handelt, die aus schlechter Haltung befreit worden sind oder wie Bella als von der Mutter verlassenes und unterernährtes Bärenbaby hoch oben auf einem Baum gefunden wurde, und keiner von ihnen in der freien Wildbahn hätte überleben können, dann geht es jedem dieser Gesellen hier sehr gut.
Jedenfalls war ich absolut begeistert und fasziniert von den vier Grizzlies. Jeder hat seinen eigenen Charakter, seine speziellen Vorlieben oder Abneigungen. Wenn man lange genug bleibt und nicht nur kurz rein- und gleich wieder rausrennt, erkennt man die Eigenarten eines jeden Teddys sehr schnell.
Ich durfte mich hier an diesem Tag an diesen herrlichen Geschöpfen satt sehen und würde nun sicher etwas entspannter durch den Yellowstone Nationalpark gondeln, da ich mir nicht mehr hinter jeder Ecke einen Bären herbeiwünschen musste, der sich dann doch wieder bloss als alter verfaulter Baumstumpf oder brauner Busch entpuppen würde. Sollte mir aber doch wieder ein Bärchen über den Weg laufen, kann ich jetzt entspannt vom Auto aus zusehen, wie er sich trollt, ohne hinterher panisch an verpasste Fotochancen denken zu müssen. So gute Bilder wie sie mir das Montana Grizzly Encounter erlaubt hat, werde ich von wilden Bären nie machen können.
hallo Eva
da konntest Du ja wirklich wundervolle Fotos von den Mutze machen! soooo schön
mir scheint, Du fühlst Dich pudelwohl in deiner little Box in the Prärie – man spürt richtig, wie Du Dich an allen Kleinigkeiten und dem phantastischen Farbencocktail um Dich herum erfreust und Du Deine Seele baumeln lassen kannst
ich geniesse derweil, umgeben von blühenden Akelei, Farnen usw. den Blick auf meinem in voller Blüte stehenden Holderbusch – sofern ich ihn von meinem neuen Buch „die Zitronenschwestern“ losreissen kann…
ich wünsche dir noch viele Abenteuer und schöne Momente und warte gespannt auf deinen nächsten Beitrag
e liebe Gruess und feschte Drugger
Barbara
Sali Barbara
Ich fühl mi do wirklich sehr wohl. Das isch eifach s’Paradies! Ich bruch sunscht nüt me, wenn i die Witi um mich umme ha kann…
Viel Spass bi Dine Zitroneschwöschtere. Isch es gut?
Liebe Grüessli
Eva