
Voller Energie bin ich heute aus meinem kuscheligen Bett gesprungen, hab schnell mein letztes kanadisches Frühstück verdrückt, all meine Habseligkeiten zusammengepackt und in meinen freudig wartenden Jeep geschleppt. Yay! Heute geht’s wieder zurück nach Montana! Auf meinem letzten Gang von meinem Apartment zum geparkten Auto, hab ich dann noch die äusserst liebenswürdige Frau des Gastgebers kennengelernt. Sie ist im Gegensatz zu ihrem Mann die Ruhe selbst. Etwas besorgt hat sie sich nach meinem Wohlbefinden erkundigt. Ob ich denn auch genügend Ruhe gefunden hätte, trotz der etwas lärmigen Umtriebigkeit ihres Mannes? Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, winkte aber beruhigend ab. Alles OK. Mir hat’s hier sehr gut gefallen. Die Weite hier, das unendliche Gräsermeer, die friedliche Einsamkeit, all das ist unbezahlbar und würde mich bestimmt wieder hierher führen. Da machte sie mich noch auf den von ihr erbauten und gepflegten „Irrgarten“ aufmerksam, der gleich rechts neben der Strasse zur Nr. 4 mitten in der Wiese auf jeden wartete, der ihn entdecken wollte. Ich sollte doch dort noch einen Halt einlegen, bevor ich mich auf die grosse Weiterfahrt machte, um noch einmal Energie zu tanken. Ich dankte ihr und machte mich auf meinen „Heimweg“.
Mary’s Labyrinth
Wie angekündigt, sah ich das Labyrinth vom Auto aus da unten vor mir liegen. Ich hielt an und überlegte, ob ich nicht doch einfach weiterfahren sollte. Ich wollte zurück nach Montana. Aber dann stieg ich doch aus, zog noch einmal meine Wanderstiefel an und stapfte hinunter zum wunderschön angelegten Stein-Labyrinth. Ich dachte mir, ein bisschen Bewegung konnte nicht schaden, schliesslich würde ich den Rest des Tages hinter dem Steuer meines roten Jeeps verbringen.



Faszinierend und zugleich befremdlich wirkte dieses zwar wunderschöne aber doch seltsame Gebilde auf mich. Ich stehe grundsätzlich allem für mein Verständnis etwas zu sehr abgehoben Spirituellem skeptisch gegenüber. Und das Ding hier schien mir auch irgendwie in jene abgefahrene Kategorie zu gehören. Aber egal… ich konnte den Weg ja einfach spasseshalber und zu Trainingszwecken absolvieren. Und das tat ich dann auch.



Anfangs kam ich mir ziemlich bescheuert vor, als ich den gepflegten Weg abschritt. Ich hätte ja auch einfach über die Steine hinweg steigen können, um direkt in die Mitte zu gelangen. Aber irgendetwas hielt mich davon ab, und so begann ich mich auf den vor mir liegenden von Steinen und Grasbüscheln gesäumten Weg zu konzentrieren. Es fühlte sich tatsächlich gut an, dem verwinkelten Pfad zu folgen. Hin und her und rundherum, wieder zurück und dann wieder nach vorn… Etwa eine Viertelstunde benötigte ich, um bis zur Mitte zu gelangen. Dort setzte ich mich auf den grossen Stein und genoss die friedliche Stille, das sachte Zupfen des Windes, das leise Zirpen von Grillen… und die seltsame Energie, welche ich wahrzunehmen glaubte.




Völlig entspannt und gelöst bin ich dem Pfad entlang wieder hinaus aus dem Labyrinth spaziert. Ich hab mich brav an die Regeln gehalten und ich hab mich wohl gefühlt und sonst ist natürlich nichts passiert. Aber es war schön, und ich konnte jetzt energiegeladen den nächsten Teil meiner Reise antreten…
Trotz aller Zweifel kann ich das Stein-Labyrinth jedoch bis heute nicht vergessen. Ob die dort vorhandene Energie immer noch durch mein Nervensystem summt?
20 Minuten später war ich wieder am Grenzposten Monchy. Dieses Mal auf der anderen Seite. Und der US-Officer war ein gemütlicher und freundlicher Mann, der sich interessiert nach meinen Reiseplänen erkundigte und mich mit einem herzlichen welcome back in mein persönliches Paradies entliess. Warum können denn nicht alle Boarder Control Officers so super nett sein? Und schon war ich wieder daheim…

Selig gondelte ich an meinem absoluten Lieblingsschild vorbei und hielt erst mal auf die nächste Tankstelle in Malta zu. Im Tankstellen-Shop staunte ich über das äusserst vielfältige Angebot. Dieser Shop ist bei weitem besser ausgerüstet als der „Supermarkt“ in Val Marie. Hier gibt’s einfach alles, auch frisches Obst und Gemüse. Natürlich packte ich gleich ein paar Äpfel und Bananen sowie eine Tüte Beef Jerky für unterwegs ein. Und dann ging’s endlich los in Richtung Süden.
Fort Peck Lake


Ich hätte ewig durch diese herrliche Landschaft fahren können. Was für ein Traum! Hier wollte offensichtlich niemand durch, denn ich war mutterseelenallein unterwegs. All diese wunderbare Weite und atemberaubende Schönheit nur für mich allein! Wo kann ich das schon erleben….
Um mir zwischendurch ein wenig die Beine zu vertreten, folgte ich einem Schild, welches mich zum Fort Peck Lake führte. Auch hier schien niemand ausser mir hinzuwollen. Als einzige das Auto auf einem riesigen, verlassenen Parkplatz abzustellen, kam mir dann aber doch etwas unheimlich vor. Ich marschierte also schnell die paar wenigen Aussichtspunkte ab, knipste ein paar Fotos und setzte mich dann schleunigst wieder in meinen immer noch alleine dastehenden Jeep.






Und weiter ging’s über einsame Strassen, die sich sanft durch die immer rauher werdende Landschaft schlängelten.




























Brockway in Montana: ich glaube nicht, dass mir der Ort aufgefallen wäre, hätte das aufziehende Unwetter ihn nicht ins rechte Licht gerückt. Wow! Absolut dramatisch! Und kaum war ich dran vorbei gerauscht, veränderte sich die Stimmung schon wieder. In warmem Abendlicht fuhr ich die letzten Meilen bis Terry, wo ich im schon fast antik wirkenden Historic Kempton Hotel das kleine Apartment Nr. 39 bezog…




Terry Badlands
Am nächsten Morgen packte ich schnell wieder alles zusammen und machte mich auf den Weg zu den Terry Badlands. Hätte ich mich nicht vorgängig im Internet schlau gemacht, hätte ich den Weg dorthin wohl nicht gefunden. Keine drei Meilen nördlich von Terry führt eine unbefestigte Strasse in die Badlands hinein. Erst traute ich mich da nicht rein, weil erstens nichts angeschrieben war und zweitens diese „Dirt Road“ wie eine private Landwirtschaftsstrasse aussah. Um meine Unsicherheit noch zu bestärken, standen da überall Rindviecher rum, die mich etwas gelangweilt anglotzten. Aber da Mr. Google mit keiner anderen Wegbeschreibung aufwarten wollte, bin ich da eben halt mal reingefahren. Und schon bald fühlte sich alles wieder sehr richtig an…

















Als es nicht mehr weiterging, nur noch steil den Abhang hinunter, parkte ich meinen Wagen und machte mich daran, die Terry Badlands zu Fuss zu erkunden. Wieder war ich völlig alleine unterwegs. Wie konnte das sein? Warum berichtet kaum jemand über diesen fantastischen Landstrich? Warum kam hier niemand her, um diese Schönheit zu geniessen? Na, mir sollte es recht sein. Ich ziehe diese wohltuende Einsamkeit allemal dem Gewusel in den heillos überfüllten Nationalparks vor. Wiedermal hatte ich all diese Schönheit für mich allein.






































































Irgendwann musste ich aber wieder runter von dem Hügel, denn es lagen noch 4 Stunden Autofahrt vor mir…









Yay!!! Heute Abend würde ich endlich wieder zuhause ankommen. Auch dieses völlig zerschossene Stoppschild konnte mich nicht lange aufhalten. Ich tankte in Terry noch einmal voll und rauschte dann los…. In 4 Stunden würde ich in Big Timber sein…