
Oh es zerreisst mir das Herz, diesen magischen Ort verlassen zu müssen… Ich habe hier mein persönliches Paradies gefunden, den wahr gewordenen Traum meines Herzens, die Heimat meiner Seele… Nichts war je zuvor so erfüllend, wie die Verbindung zu diesem zauberhaften Flecken Erde erfahren zu dürfen.
Fast jeden Morgen, den ich in meiner Little Box on the Prairie erleben durfte, bin ich schnell aus den Federn gehüpft und direkt hinaus aufs Deck gelaufen, um dort meinen Frühstückstee und die herrliche Wunderwelt um mich herum zu geniessen. Es fühlte sich unendlich gut und befreiend an, zerknautscht und immer noch im Pyjama draussen rumzugammeln. Hier kümmert das niemanden. Hier ist niemand. Nur ich und um mich herum die sanft dahin rollende Prärie. Mein Herz ging auf, jedes Mal, wenn ich meinen Blick über die Weiten schweifen liess. Dass in der Ferne gleich drei Bergketten den Blick begrenzen, störte mich nicht weiter. Die Crazies, die Absarokas und die Bridger Mountain Range rahmen diese herrliche Landschaft in der Ferne fast zaghaft ein, und scheinen ihr von Weitem Halt zu geben.
Früher dachte ich immer, ich müsste unbedingt am Meer leben. Dort gehöre ich hin, dort fühle ich mich wohl. Nicht eingezwängt zwischen hohen Bergen, welche den Blick und oft auch den Geist der dort lebenden Menschen beschränken. Der offene weite Ozean und der unendlich ferne Horizont beruhigten meine Seele und weckten eine Sehnsucht in mir, mich in diesen Weiten zu verlieren.
Als ich dann das erste Mal durch Teile der Great Plains fuhr und die in ruhigen Wellen dahinplätschernde Prärie erblickte, wurde mir klar, dass die Prärie Ziel all meiner Sehnsüchte war und nicht das Meer. Am Meer konnte ich nur meine Blicke in die Endlosigkeit schweifen lassen. Ich selber konnte nicht Teil davon werden. Aber in die Prärie konnte ich hineinlaufen, mich darin bewegen, mich darin verlieren, mich verbinden mit der magischen und heilenden Energie dieser uralten Landschaft. Damals beim ersten Anblick der Prärie stiegen heisse Tränen des Glücks in mir auf. Hier konnte ich atmen, loslassen, neue Kraft tanken, und einfach nur ich sein. Das ist bis heute so geblieben. Jeden morgen trieb mir der Blick auf meine Umgebung Tränen in die Augen. Die Schönheit und bis heute ungezähmte Wildheit der Prärie, die Möglichkeit, Teil davon sein zu dürfen, und nicht nur Bilder bestaunen zu müssen, mich verbinden zu können mit der Energie dieses Ortes, lassen meine Seele überquellen. Ich habe endlich das Gefühl, angekommen zu sein. Jetzt stimmt alles, jetzt bin ich vollständig… so kann es bleiben…
Aber natürlich kann nichts so bleiben, wie es ist… Ich muss mich losreissen von meinem Traum und zurückkehren in die Realität des Alltags. Nur dieses Mal schaffte ich es nicht, alle meine Bestandteile wieder einzusammeln und mitzunehmen. Einen grossen Teil meines Herzens und meiner Seele habe ich hier zurückgelassen. Vielleicht aber war dieser Teil von mir schon immer an diesem verwunschenen Ort, habe ich mich doch nie zuvor so vollständig gefühlt wie hier. Immer schien ein Teil zu fehlen. Nun, zumindest weiss ich jetzt, wo ich meine fehlende Hälfte finden kann. Mein Traum wird weitergehen… ich werde wiederkommen… hoffentlich schon bald…
Am Morgen an dem ich endgültig Abschied nehmen musste, zeigte sich mir der Himmel noch einmal von seiner besten Seite. Fast sehnsuchtsvoll schickte er gleissend helle Sonnenstrahlen durch die dicke dunkle Wolkendecke zu mir herab. Ich packte die Kamera wieder aus und nahm dieses letzte Foto auf. Und obwohl mir das traurige Auge oben links in den Wolken direkt in meine Kamera blickte, habe ich es nicht sofort bemerkt, sondern bin erst zuhause darauf aufmerksam gemacht worden. Ist wohl besser so, sonst wäre ich nie losgefahren…
Liebi Eva, dein Text hat mich sehr berührt. Ich spüre richtig, wie es für dich schwer war, Abschied zu nehmen. Deine Bilder sind wunderschön, es ist wie im Paradies. Ich weiss du wirst wieder gehen, denn du hast echt deine Heimat gefunden.
Herzliche Grüsse
Martha