
Einmal hab ich mich doch nochmal von meiner paradiesischen Prärie-Box losreissen können und bin wieder Richtung Yellowstone National Park losgezogen. Dieses Mal bin ich direkt an den Mammoth Hot Springs vorbeigefahren, um auf der grossen Loop Road nach Norris zu den Geysir-Becken zu gelangen. Und ich habe auch sonst nicht überall Halt gemacht, da ich ja schon vor zwei Jahren das meiste gesehen und abgelichtet hatte. Heute wollte ich einfach mal die gesamte Loop Road abfahren und wenn möglich die beim letzten Mal nicht entdeckten Flecken abklappern. Ausserdem war es kalt und windig, und immer wieder öffnete der Himmel seine Schleusen, sodass ich mich eh nicht gross im Freien aufhalten mochte. Trotzdem war es ein herrlicher Tag.
Es war ein fantastisches Gefühl, durch diese gewaltige vor Urzeiten entstandene Kraterlandschaft zu fahren und sich in den immer wieder wechselnden Anblick zu versenken. Wenn hier doch bloss die Höchstgeschwindigkeit von 45 mph heruntergesetzt werden könnte. Das ist mir einfach zu schnell. Bei diesem Tempo muss ich mich viel zu sehr auf die Strasse konzentrieren und kann meinen Blick nicht einfach schweifen lassen. Langsamer fahren lag an diesem Tag aber auch nicht drin, denn heute herrschte hier ein unglaublich dichter Verkehr (Memorial Day Weekend) und die Massen wollten alle unbedingt rasch weiterkommen.
So „raste“ ich eben immer wieder ein Stück der Loop Road entlang und machte dann schnell wieder Halt bei einem der Look outs oder auf den Parkplätzen zu den verschiedenen Geysir-Becken.
Als Allererstes wollte ich aber die Aussicht auf den Swan Lake Flats geniessen. Hier breitete sich die Landschaft lieblich über eine weite Ebene aus, welche von hohen Bergen eingerahmt wurde.
Von Schwänen war aber weit und breit nichts zu sehen. Auch alle anderen Tiere mussten sich verkrochen haben, denn hier rührte sich rein gar nichts. Ein paar Touris hatten ihre Kameras mit Riesenobjektiven bestückt und auf Stative montiert. Sie sahen alle sehr wichtig und professionell aus, aber auf den Auslöser gedrückt hat von denen keiner. Da alle Kameras in ein und die selbe Richtung zeigten, schaute ich da halt auch mal rüber. Da musste doch was sein, wenn die alle so fasziniert da hinüber starrten. Aber ich konnte nichts ausmachen. Wahrscheinlich gehörten die alle zu einer Foto-Tour und der Guide hatte vergessen, dem Fotomotiv im richtigen Moment das OK zu geben. Jedenfalls schien das Motiv seinen Auftritt verschlafen zu haben, denn die Fotografen packten bald mit langen Gesichtern und unter murmelndem Gemecker ihre Ausrüstung wieder zusammen. Ich liess ihnen einen grossen Vorsprung und machte mich nach einem kleinen Picknick auch wieder auf die Weiterfahrt.
Verträumt gondelte ich durch diese unwirkliche Landschaft. Immer wieder stiegen überall um mich herum Dampfschwaden auf und tauchten den sowieso schon wolkenbehangenen tristen Himmel in ein noch geisterhafteres Licht.
An manchen der dampfenden Erdöffnungen blieb ich gerne stehen, um mich aufzuwärmen, an anderen wiederum suchte ich schnell das Weite, um nicht gänzlich von deren Gestank umhüllt zu werden.
Dennoch faszinierte mich diese seltsame Umgebung. Wenn man sich all die Menschen, die sich hier tummelten, wegdachte, dann befand man sich hier in einem Bereich der Natur, wie er ursprünglicher nicht sein konnte. Die hier herrschende Energie zieht Mensch und Tier gleichermassen an. Und so versammeln sich zu jeder Jahreszeit Unmengen von beidem an diesem faszinierendem Ort. Ich versuchte die Menschenmassen zu ignorieren und genoss die urwüchsige magische Kraft, die mich durchdrang.
Um 16.00 Uhr wachte ich langsam aus meinen Träumereien auf und dachte zum ersten Mal seit mehreren Stunden wieder an mein Prärie-Paradies bei Ty. Ich war mittlerweile am südlichsten Punkt der Loop-Road angelangt und wollte mich wieder auf den Heimweg machen. Aber ich verfuhr mich erstmal gründlich. Hier im Park funktionierte nichts, kein GPS, kein mobiles Telefonnetz. Deswegen hatte ich mich nur auf die rudimentäre Parkkarte verlassen, welche ich dann vor lauter Träumen und Staunen ebenfalls ausser Acht gelassen hatte. Tja und auf einmal merkte ich, dass ich bereits auf dem Weg in den Teton National Park war. Erschrocken machte ich sofort Kehrt und fuhr die lange Strecke wieder zurück. Soviele Kilometer wie an diesem Tag hatte ich noch nie zuvor abgespult. Aber da es zu dieser Jahreszeit lange hell blieb, machte mir das keine Sorgen. Auf der Rückfahrt liess ich jetzt aber so ziemlich alles aus, was man noch so hätte besichtigen können, denn jetzt zog es mich wieder mit aller Macht nach Hause in die Weite der Prärie. Dennoch faszinierte mich die Fahrt durch diese einmalige Landschaft. Sonnig warmes Flachland wechselte sich mit noch immer tief verschneiten bewaldeten Höhenlagen ab. An den höchsten Stellen standen am Strassenrand doch tatsächlich mehr als meterhohe Schneewälle, aus welchen sich das Schmelzwasser löste und über die Strasse floss. Hätte ich irgendwo anhalten können, hätte ich Euch ein Beweisfoto davon zeigen können, aber wieder drängelten hinter mir fahrende Autos vorwärts und liessen es nicht zu, dass ich meine Kamera auch nur anblinzeln konnte. Ausserdem gab’s hier auch keinerlei Ausbuchtungen mehr für den langsameren Verkehr, da diese unter meterhohen Schneewehen begraben lagen. Also rauschte ich mit dem schnell dahinfliessenden Verkehr durch die grandiose Landschaft und freute mich, als sich vor mir plötzlich ein Stau bildete und nichts mehr ging. Hier gab’s allerdings keinen Schnee mehr und auch sonst war mir nicht klar, warum sich hier soviele Touristen versammelt hatten. Und dann plötzlich sah ich ihn: Meister Petz höchst persönlich! Da stand doch tatsächlich ein grosser Bär inmitten einer saftig grünen von der Abendsonne beschienenen Wiese und graste wie ein Rindvieh…
Was war das jetzt? Ein Schwarz- oder ein Braunbär? Ich hatte keine Zeit, lange rumzustudieren, denn die Parkranger scheuchten die staunenden Parkbesucher schnell weiter. Mir blieb bloss Zeit für ein schnelles Foto durch die verdreckte Windschutzscheibe und schon musste ich weiter. Aber wenn ich das Foto im Nachhinein betrachte und all das im Montana Grizzly Encounter Gelernte wieder hervorkrame, dann müsste das doch ein Grizzly sein, oder?
Glücklich doch noch einen richtig wilden wunderschönen Bären gesichtet zu haben, machte ich mich jetzt aber schleunigst auf den Weg zurück in mein kleines Paradies. Als ich auf die Schotterstrasse abbog, die zu meiner Prärie-Box führt, stiegen mir wieder Tränen in die Augen. Wer hatte schon so einen herrlichen Heimweg…
Wäre ich jünger, könnte mich nichts daran hindern, mir dies auch alles anzusehen.. Wie ist die Welt doch schön! Die wunderschönen Bilder sind so toll, dass man fast meint dabei gewesen zu sein !
Herzlich grüsst
Maria
Wunderbare Photos, ein Genuss, das zu lesen. Da bekomme ich richtig Gänsehaut. Es ist wie im Paradies, so schön :).
Liebs Griessli
Martha
Vielen Dank Martha, es freut mich, dass Du beim Anblick der Bilder genauso empfindest wie ich, als ich sie gemacht habe. Das bedeutet, ich kann tatsächlich ein wenig den Zauber dieser Landschaft einfangen und an Euch weitervermitteln ?.
Ganz liebi Grüessli
Eva