Prag – Goldene Stadt der 100 Türme…

Erwartungsvoll sass ich im Flieger und schaute auf die von oben hübsch anzusehende Stadt hinab. Das war nun also das Prag von heute, sauber, adrett und riesig… Es schien sich viel verändert zu haben seit ich das letzte Mal vor bald 30 Jahren hier gewesen war. Damals, kurz nach der samtenen Revolution waren die Spuren des sozialistischen Regimes noch überall sichtbar. Die Stadt wirkte verlottert und heruntergekommen, düster und schmutzig. Der Alkohol floss in Strömen und an jeder Strassenecke wurden illegale Geschäfte abgewickelt. Sicher fühlen konnte man sich hier nirgends und so überschattete diese seltsame düstere Atmosphäre meinen damaligen Besuch und hinterliess einen eher negativen Eindruck.

Nun, dem Alkohol scheint auch heute noch kräftig zugesprochen zu werden, denn der bei Prague Airport Transfers vorbestellte Taxi-Fahrer hatte eine ausgeprägte Alkohol-Fahne und quasselte völlig überdreht auf uns ein. Trotzdem kamen wir wohlbehalten nach einer etwa halbstündigen Fahrt beim Hotel Grandium Prague an, wo wir schnell eincheckten, unser Gepäck aufs Zimmer brachten und uns gleich auf den Weg zu einem Abendspaziergang machten. Im Dämmerlicht und den ersten angeknipsten Beleuchtungen wirkte die Stadt tatsächlich golden.

Die folgenden drei Tage verbrachten wir damit, Prag neu zu entdecken. Was für eine herrliche Stadt! All die wunderschönen Barock- und Renaissance-Gebäude sind renoviert worden und erstrahlen heute in neuem Glanz. Royal und erhaben wirken die herrlichen Häuserfassaden. Wenn die unglaublichen Massen an Touristen nicht wären, könnte man sich fast im königlichen Prag von damals wähnen. Den Kopf im Nacken all die wunderschönen Bauwerke mit ihren reich verzierten Türmchen und Erkern bestaunend, liessen wir uns durch das weit verzweigte Netz von Strassen und Gassen treiben.

Diese Oldtimer, genauso wie diverse moderne Luxusschlitten, sind übrigens stundenweise inklusive Chauffeur zu mieten. Naja, wer’s mag… wir haben es vorgezogen, Prag zu Fuss zu erkunden.

Auf dem Weg zur Altstadt stiessen wir bald auf den prominent den Blick und früher wohl auch den Weg versperrenden Pulverturm. Trutzig erhob sich der düster auf die ihn umgebenden Gebäude herunter blickende Turm vor uns.

Über eine enge Wendeltreppe quetschten wir uns hinauf zu den Zinnen des Pulverturms,  wo wir mit einem fantastischen Rundblick über Prag belohnt wurden.

Viel mehr konnten wir jedoch nicht besteigen oder von innen besichtigen, da alles komplett von Horden von Touristen verstopft war. Noch nie habe ich in irgend einer anderen Stadt so viele Touristen erlebt. Ich glaube, die paar Tschechen, die wir angetroffen haben, kann man an einer Hand abzählen. Dafür wimmelte es nur so von Chinesen, Spaniern, Italienern, Amerikanern, Arabern und natürlich Österreichern, Deutschen und Schweizern. Ich hörte auch selten ein tschechisches Wort, denn überall wurde in den jeweiligen Sprachen der unzähligen Touristen palavert. Tatsächlich fühlte ich mich hier wie auf einem riesigen Rummelplatz und bald wurde mir der Lärm und das Gedränge zuviel. Immer wieder sind wir dann auf kleine weniger frequentierte Nebenstrassen ausgewichen, um wieder etwas aufatmen zu können. Trotzdem wollten wir uns natürlich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten nicht entgehen lassen, und so haben wir uns notgedrungen immer wieder ins Touristengewusel gestürzt.

Dieses seltsame Gebilde, das sich Kunst nennt, trägt den vielsagenden Namen „Gemischte Gefühle“! Hmm… Vielleicht ist das ja gar nicht so unsinnig… ich versuche mir gerade meine gemischten Gefühle plastisch vorzustellen, könnte in etwa hinkommen… Wir sind jedenfalls ziemlich eindeutigen Gefühlen folgend in das gleich dahinter liegende Einkaufszentrum „Palladium“ geflüchtet, um uns vor der mittlerweile erbarmungslosen Hitze zu retten und ein wenig die hiesigen Auslagen zu inspizieren…

Nach einem leckeren Virgin Mojito in einer Bar im Palladium spazierten wir weiter und standen plötzlich auf dem Altstädter Ring, dem ältesten Platz der Stadt. Bis ins 10. Jahrhundert lässt sich seine Geschichte zurückverfolgen. Der wunderschöne von herrlichen Bauwerken umgebene Altstädter Ring wird schon seit Urzeiten als Marktplatz genutzt, auch heute noch vor allem zu Ostern und Weihnachten.

Die wunderschöne gotische Teynkirche beherrscht den Altstädter Ring wie kein anderes Bauwerk.

Gleich daneben erhebt sich die barocke St. Nikolauskirche, welche aber neben all den anderen fantastischen Bauwerken nicht wirklich herauszustechen vermag.

Wir sind über den grossen weiten, momentan ungenutzten Platz spaziert und dann bald wieder im Getümmel stecken geblieben. Auf der einen Seite befanden sich diverse Restaurants, die ihre Tische und Stühle weit auf den Platz hinaus aufgestellt hatten. Davor drängten sich Unmengen von Leuten, welche alle ganz gebannt auf die gegenüberliegende Hauswand starrten und Fotos machten. Hier gab es kaum ein Durchkommen, jedenfalls nicht ohne all den knipsenden Touristen vor die Linse zu latschen, etwas, das ich so gar nicht ausstehen kann und mich immer masslos an anderen Touristen ärgert. Hier ging’s nun aber wirklich nicht anders, und so haben wir uns durch die Massen hindurchgezwängt und auch noch schnell ein Foto gemacht von der astronomischen Uhr, welche seit Anfang des 15. Jahrhunderts an der Front des Rathausturmes prangt. Schade, dass der Rest des Gebäudes aufgrund von Renovationsarbeiten in ein knallblaues Netz verpackt war und sich somit den bewundernden Blicken der Touristen entzog.

Weiter ging’s an liebevoll restaurierten Häuserfassaden, Strassencafés und kleinen Shops vorbei. Ich konnte kaum genug bekommen von all der Pracht.

Unser Weg führte uns auch am Dum U Minuty vorbei, das Haus in dem Franz Kafka mit seiner Familie zwischen 1889 und 1896 lebte. 

Von seinem Fenster aus musste er wohl schon damals diesen Blick auf die gegenüberliegende Seite genossen haben…

Staunend liessen wir uns im Schneckentempo über den „Altstädter Ring“  und weiter in Richtung Moldau treiben. Die unzähligen Türmchen und Erker faszinierten mich so sehr, dass ich mir auszumalen begann, wie mein Traumgemach im nächsten Leben wohl aussehen mochte, denn es würde bestimmt einiges an Erkern und Türmchen zu bieten haben.

Endlich am Ufer der Moldau angelangt, steuerten wir gezwungenermassen auch gleich auf die Karlsbrücke zu. Die Menschenmassen liessen eh keine andere Richtung zu, und so überliessen wir uns den „Naturgewalten“ und schwammen mit dem Strom.

Vor dem drohend vor der Karlsbrücke wachenden Brückenturm wichen wir jedoch kurz auf einen kleinen Platz neben der Brücke aus, wo das Gedränge nicht ganz so gross war und schöne Ausblicke auf die Karlsbrücke und den gegenüberliegenden Stadtteil mit der Prager Burg möglich waren.

Seit dem  14. Jahrhundert verbindet die Karlsbrücke die Prager Altstadt mit der Kleinseite. So viele Menschen  haben während all dieser Jahrhunderte die Moldau über diese Brücke gequert. Von Königen und Bischöfen über Reisende und Kaufleute bis hin zum gemeinen Fussvolk… Heute wird die Brücke scheinbar nur noch von Touristen genutzt, dies jedoch in einem Masse, dass einem fast die Luft wegbleibt.

Mutig stürzten wir uns ins Getümmel und betraten eine der ältesten Steinbrücken Europas…

Auf der Kleinseite angekommen, durchschritten wir das Tor des Brückturms und zogen weiter mit den Menschenmassen Richtung Prager Burg. Lange hielten wir es jedoch in diesem Trubel nicht aus, und wir schlüpften wieder in eine der vielen Nebengassen, um auf einem ziemlich langen dafür aber wunderschönen Umweg hinauf zur Burganlage zu gelangen.

Erst ging es ruhigen Strassen entlang an wunderschönen Häusern und parkähnlichen Gärten vorbei. Und dann gelangten wir zu einer endlos langen Treppe, welche uns zum Hintereingang der Prager Burg führen sollte.

Noch nicht ganz oben angekommen, machten wir verschwitzt und ausser Atem Halt in einem kleinen süssen Kaffee innerhalb der die Treppe einfassenden dicken Mauer.  Von hier hatten wir einen herrlichen Blick auf die ziegelroten Dächer Prags.

Den restlichen Aufstieg zur Burg schafften wir dann locker und wunderten uns erst mal über die strengen Sicherheitskontrollen. Ganz wie beim Security Check am Flughafen wurden wir durchleuchtet und abgetastet. Und dann waren drin im grössten geschlossenen Burgareal der Welt auf dem Berg Hradschin. Wow was für ein monströses Zusammengewürfel der verschiedensten Baustile… Der alles überragende mächtige Veitsdom in der Mitte der Burganlage beherrscht das Gesamtbild völlig und stellt den Rest der riesigen Burganlage komplett in den Schatten.

Eigentlich hätten wir ja gerne noch das berühmte Goldene Gässlein besucht, aber da wird jetzt Eintritt verlangt. Die nötigen Eintrittstickets waren aber nicht mehr erhältlich, da der Ticketschalter für den heutigen Tag bereits dicht gemacht hatte. Toll, na dann eben nicht… Etwas enttäuscht und verärgert verliessen wir die Burganlage durch den Haupteingang und schlenderten den steilen Berg hinunter zurück zur Karlsbrücke.

Auch auf unseren Spaziergängen durch neuere Stadtteile staunten wir über den sauberen und aufgeräumten Anblick den Prag heute bietet.  Überall entdeckten wir prächtige Gebäude mit detailverliebten Verzierungen und Bemalungen.

Und dann mussten wir natürlich noch das neueste Wahrzeichen Prags bestaunen: das Tanzende Haus, ein völlig verrückter Neubau, der sich aber eigentlich perfekt in die ihn umgebenden Häuserreihen einfügt.

Den riesigen Wenzelsplatz haben wir mehrmals während unseres Aufenthalts aufgesucht, weil er gleich um die Ecke von unserem Hotel lag. Hier haben wir allabendlich bei einem Gläschen Wein einen fantastischen Sonnenuntergang genossen, bevor wir uns anschliessend in die prachtvoll beleuchtete Altstadt aufgemacht haben.

Natürlich mussten wir auch ab und an etwas Leckeres zwischen die Zähne bekommen, und erstaunlicherweise hat sich auch hier sehr viel verändert. Ein gutes Restaurant reiht sich an das andere. Es werden ausser der sehr guten böhmischen Küche jetzt aber auch allerlei Köstlichkeiten aus aller Herren Länder angeboten. Und so konnte ich mich jeden Tag glücklich den lukullischen Genüssen Prags hingeben. Was mich aber am allermeisten begeisterte, war der herrliche Duft nach frischem Gebäck und Zimt der durch alle Gassen zog, denn an jeder Ecke werden Trdlos angeboten. Oh wie gerne hätte ich mal in so ein Teil hineingebissen. Mir läuft beim Gedanken an die herrlichen Teigrollen schon wieder das Wasser im Mund zusammen…

Da in der böhmischen Küche sehr viel Mehl verarbeitet wird, konnte ich leider nichts davon ausprobieren und „musste“ auf die vielen internationalen Alternativen ausweichen. Wir haben im Hard Rock Café diniert, in lauschigen Hinterhofgärten zu Mittag gegessen und für uns neue Gaumenfreuden in einem der vielen vietnamesischen Restaurants entdeckt.

Den Mango-Salat mit Garnelen vom Vietnamesen konnte ich nicht mehr ablichten, weil schon alles verschlungen war bevor ich auf den Auslöser drücken konnte, weswegen ich diesen Gaumenschmaus umgehend zuhause nachgebaut und mit demselben Hochgenuss verdrückt habe wie das Original. Das Rezept dafür folgt in einem nächsten Artikel. Hier schon mal ein Foto von dieser Köstlichkeit:

Fazit: Prag ist eine traumhaft schöne Stadt, deren kultureller Reichtum einfach jeden begeistern muss, egal welche Interessen jeder Einzelne verfolgt. Ich werde auf jeden Fall wiederkommen…

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebe Eva, wie immer hast du wieder fantastische Fotos gemacht und in mir den Wunsch geweckt diese schöne Stadt ebenfalls zu besuchen obwohl ich kein „Städtefan“ bin. Fotos bräuchte ich ja keine mehr zu machen, bessere gebe es nicht!
    Liebe Grüsse
    Maria

  2. Liebe Eva
    Wie immer fantastische Bilder. Ich hoffe euch geht es gut. Sorry, habe mich nie mehr gemeldet, hatte so viel um die Ohren. Würde mich freuen, wenns bald klappt 🙂

    • Liebe Martha
      Vielen Dank für Dein Kompliment… Ich freu mich jedesmal über Deine Kommentare. Mach Dir keine Sorgen. Habe Dich zwar vermisst, aber ich weiss ja wie das ist… geht mir nicht anders… hoffe auch, dass wir uns bald mal wiedersehen.
      Liebi Grüessli
      Eva

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